Ich war 16 als ich mich dazu entschied das Kopftuch zu tragen und zwar mit dem Beginn der Sommerferien, da ich es erstmal tragen wollte ohne meiner Schulklasse und den Lehrern Rede und Antwort stehen zu müssen.
Ich hatte die Zulassung für die gymnasiale Oberstufe erhalten, ab diesem Zeitpunkt ändert sich das Schulsystem und der Klassenverband löst sich auf. Ich wollte diesen neuen Lebensabschnitt dazu nutzen auch in meinem religiösen Leben einen neuen Schritt zu wagen. Häufig benutzen religiöse muslimische Frauen und Mädchen solch eine Änderung in ihrem Leben um das Kopftuch zu tragen, etwa die Einschulung in die weiterführende Schule oder die Heirat.
Ich will hier betonen, dass mich wirklich keiner dazu zwang, es war meine freie Entscheidung. Im Gegenteil: Herr K., von dem ich Unterricht im Islam erhielt, hatte anfangs Bedenken ob es nicht noch zu früh für mich wäre. Denn mit dem Tragen des Kopftuches wird einem, speziell hier in Deutschland, eine große Verantwortung auferlegt, welche viel Selbstbewusstsein und Geduld fordert. Es gehört dazu, erst genau zu verstehen und zu verinnerlichen weshalb man das Tuch trägt, weil man sonst dem gesellschaftlichen Druck schnell nachgeben würde.
Unweigerlich wird die Situation kommen an der man gefragt wird „Warum?“ wobei das nur die positivste Reaktion ist. „Warum?“ „Weil es zu meinem Glauben gehört und mein Glaube ist mir sehr wichtig. Er gehört zu meinem Leben wie Essen, Trinken und Atmen, er ist meine Lebensweise, mein Sinn und mein Ziel.“ In erster Linie sind es also persönliche, religiöse Gründe, die nicht für jeden nachvollziehbar sind, besonders nicht für „areligiöse“ Menschen (ohne das negativ bewerten zu wollen). Zu betonen ist, dass es keine gesellschaftlichen oder kulturellen Gründe sind, zumindest bei mir nicht.
Ich fühle mich Gott näher weil ich das Kopftuch trage. Weil mir schon beim Anziehen immer wieder ins Bewusstsein gerufen wird, dass ich damit eine Art Gottesdienst vollziehe. Und immer, wenn ich in den Spiegel sehe oder sich mein Bild in den Schaufenstern auf der Straße reflektiert, wird mir bewusst „Ich bin Muslim“. Es hilft mir also meinen Glauben bewusst zu leben.
Am Anfang hat mir das „Warum?“ ein wenig Angst gemacht, doch heute bin ich froh, wenn ich gefragt werde. Mir wurde klar, dass mich die Menschen nur auf meine Religion ansprechen, weil sie diese an mir erkennen. Niemand würde darauf kommen, dass ich Muslim bin, wenn ich das Tuch nicht tragen würde. Und ich liebe es den Menschen vom Islam zu erzählen. Das Tuch ist also auch ein „Werkzeug“ um einen interreligiösen Dialog anzufangen, um aufeinander zuzugehen.
Es gibt natürlich auch andere Reaktionen. Da ich in einem kleinen Dorf mit wenig Ausländeranteil aufwuchs und Frauen mit Kopftuch dort sehr selten waren, wurde ich oft schräg angeguckt. Mir fiel das nach einer Weile nicht mehr auf, nur meine nicht-muslimischen Freundinnen erinnerten mich daran, wenn sie sich darüber ausließen „weshalb die mich denn immer so doof anglotzen müssten“.
Es ist auch schon vorgekommen, dass man kopfschüttelnd an mir vorbeigegangen ist oder „armes Ding“ gemurmelt hat. Dabei brauch ich eigentlich kein Mitleid, weil ich glücklich bin, so wie ich bin. Das Kopftuch ist ein Teil meiner Identität, das heißt OHNE es wäre ich unglücklich, so seltsam das für manche auch klingen mag.
Dann gibt es noch die Menschen, die beleidigen oder sich furchtbar aufregen. „Man sei doch hier in Deutschland und nicht in Istanbul, man solle sich anpassen oder sich schämen so rumzulaufen.“ Na ja, man sieht mir mein „Deutschsein“ unter dem Tuch halt weniger an. (Ich sage extra „weniger“, weil die meisten Muslime es mir hingegen sofort ansehen.)
Wenn es dann doch soweit kommt, dass ich erklären kann, dass ich Deutsche bin und nur die Religion gewechselt habe, wird es oft noch schlimmer. „Wie kann man sowas freiwillig machen?!? All die Jahre Emanzipation und dann sowas! Man muss ja bescheuert sein und das kann gar nicht ohne Zwang passiert sein und außerdem, das steht doch nicht mal im Koran, dass man so ein Ding tragen muss.“
Aber, Gott sei Dank, sind das nur die Ausnahmefälle. Ich versuche auch mit diesen Menschen zu reden, aufzuklären wo ich kann. Aber doch sind es diese Fälle, weswegen ich meinte, dass man viel Selbstbewusstsein braucht um ein Kopftuch zu tragen. Selbstbewusstsein! Also das Gegenteil von der Unterwürfigkeit, die uns Muslimas oft vorgeworfen wird. Ich kann heute mit Recht behaupten, dass das Tragen des Kopftuches mich selbstbewusster gemacht hat.
Jetzt mag sich mancher fragen: „Wozu das Ganze? Hättest du es nicht einfacher ohne? „
Mit Sicherheit hätte ich es im Alltag oder auch später im Berufsleben einfacher ohne das Tuch. Das ist auch der Grund weshalb heute viele Muslimas das Kopftuch nicht anziehen oder wieder ausziehen. Nicht weil sie endlich begriffen haben wie sehr sie dadurch angeblich unterdrückt wurden, sondern aus Angst vor sozialer Benachteiligung. Aber für mich ist dieser Weg keine Option. Ich will so akzeptiert werden wie ich bin und nicht ein Teil meiner selbst aufgeben müssen um sozial angepasst zu sein. Das Kopftuch ist ein Zeichen meiner Religion, die ich mehr liebe als alles andere in meinem Leben. Natürlich würde ich meine Religion nicht verlieren nur weil ich das Tuch ablegen würde, aber den Teil, der sichtbar macht, wie wichtig mir diese Lebensweise ist.
Mit Sicherheit hätte ich es im Alltag oder auch später im Berufsleben einfacher ohne das Tuch. Das ist auch der Grund weshalb heute viele Muslimas das Kopftuch nicht anziehen oder wieder ausziehen. Nicht weil sie endlich begriffen haben wie sehr sie dadurch angeblich unterdrückt wurden, sondern aus Angst vor sozialer Benachteiligung. Aber für mich ist dieser Weg keine Option. Ich will so akzeptiert werden wie ich bin und nicht ein Teil meiner selbst aufgeben müssen um sozial angepasst zu sein. Das Kopftuch ist ein Zeichen meiner Religion, die ich mehr liebe als alles andere in meinem Leben. Natürlich würde ich meine Religion nicht verlieren nur weil ich das Tuch ablegen würde, aber den Teil, der sichtbar macht, wie wichtig mir diese Lebensweise ist.
Alta, habsch da richtisch verstanden?
AntwortenLöschenMit de Kopftuch fuhlst Du Disch "Gott näher"?
Is da drin Handy mit direkte Verbindunk su Allah eingebaut oda was? :o
Steht in de Koran, dass de Frau soll sein geleidet zuchtig, aber nisch wie katholische Nonne, guckst du.
Seid Ihr Konvertiten voll krass bekloppt, isch schwör ...
Ich glaube kaum das du die Erfahrung einer Muslima mit Kopftuch bewerten kannst. Es steht nicht zu dies zu bewerten. Ich bitte um mehr Respekt Bruder.
AntwortenLöschenSie haben also die Religion und die Kultur ihrer Vorväter verraten und sind offenbar auch noch stolz darauf. Ihre armen Eltern. Glücklicherweise akzeptiert unsere Gesellschaft genau das nicht. Sie können nach dem Studium ja Hausfrau werden, einen Job wird man ihnen hoffentlich nicht anbieten.
AntwortenLöschen"Das Kopftuch ist ein Zeichen meiner Religion, die ich mehr liebe als alles andere in meinem Leben."
Das zeigt mehr als deutlich, dass sie offenbar nicht ganz klar sind...
Habe über den vorangegangenen Kommentar nochmals nachgedacht und möchte ihn hiermit zurückziehen, das war zuviel und zu böse, entschuldigen sie...
AntwortenLöschenIch danke Ihnen für Ihre Kommentare. Ich spreche in diesem Blog Reizthemen an, von denen ich weiß, dass sie bei vielen Menschen hierzulande starke Gefühle auslösen.
AntwortenLöschenIch mache mir hier zur Aufgabe diesen Gefühlen mit Verständnis entgegenzukommen, um ein bessres Verhältnis von Muslimen und Nicht-Muslimen herzustellen.
Auch wenn sie sich entschuldigt haben (wofür ich mich sehr bedanke), so waren diese Gefühle doch zunächst einmal da.
Dass sie denken, ich hätte Religion und Kultur verraten, kann ich nochvollziehen. Besonders, weil sie nur wenig von mir wissen. Ich mag aber vieles an der deutschen Kultur und vieles was ich nicht mag, mochte ich auch schon vor meiner Konversion nicht. Die Religion meiner Eltern (christlich katholisch) habe ich erst durch den Islam näher kennengelernt, da ich mich mehr mit Religion generell beschäftigt hatte.
Aber ja, ich habe nun eine andere Lebensweise, vieles ist der deutschen Kultur unbekannt. Trotzdem haben sich meine Eltern nicht verraten gefühlt, weil sie mich mit Toleranz erzogen und diese auch auf mich angewandt haben.
Toleranz ist das, was ich mit diesem Blog erreichen will. Die Welt braucht mehr davon. Wir sind ale Menschen und haben so viel gemeinsam, trotzdem schauen wir immer nur auf die Unterschiede.
Mit Ihrer Entschuldigung haben auch sie etwas dazu beigetagen.
Verrätst Du nicht vielleicht die Schwestern, die ermordet wurden, "weil sie leben wollten wie Deutsche", also u.a. auch ohne Kopftuch?
AntwortenLöschenWarum sagst Du nicht, ich leg das erst wieder an, wenn das Morden aufhört?
Was ist wohl Allah wohlgefälliger; dass alle Muslimas ein Kopftuch tragen, egal was passiert, oder dass sie sichtbar darum kämpfen, dass das islamisch falsche Ermorden der Mädchen, die irgendetwas anders sehen, aufhört.
Kein Zwang im Glauben darf sein und wo er aber doch geübt wird, da muss gegen ihn aufbegehrt werden.
Siehe: http://ehrenmord.de/
Doch es ist islamisch auch so, dass der Zweck nicht die Mittel heiligt.
AntwortenLöschenIch bin die erste, die gegen die falsche Unterdrückung und gegen Ehrenmord ist.
Und du hast Recht in dem Sinne, dass etwas dagegen getan werden und, dass diese Aufgabe von muslimischer Seite erfolgen muss.
Die islamische Gemeinschaft ist eine, die zum Guten auffordert und das Schlechte verbietet.
Und es gibt Muslime, die Aufklärung über den Ehrenmord und Unterdrückung der muslimischen Frau, betreiben.
Doch das Kapitel ist eine schwere Angelegenheit. Wie "bekämpft" man Ehrenmord effektiv? Wie "bekämpft" man die Unterdrückung der islamischen Frau?
Denn dies ist eine Sache, die aus den Einstellungen und Werten entsteht.
Und Wertvorstellungen kann man nicht sehr leicht ändern und erst recht nicht durch Provokation.
Damit meine ich, dass kein Patriarch (im Sinne von Macho) auf der Welt seine schlechte Einstellung zu Frauen ändert, indem die Frauen sagen, "wir machen erst wieder was du willst, wenn du damit aufhörst uns zu quälen weil wir das tun, was du nicht willst".
Und das bedeutet nach meiner Ansicht: " Ich leg das erst wieder an, wenn das Morden aufhört".
Einstellungen können sich aber durch Aufklärung ändern. Indem man diesen Menschen, die ja von sich selbst denken, dass sie sich islamisch korrekt verhalten, zeigt, dass ihre Handlungen mit ihrer Religion nichts zu tun haben.
Indem man ausführlich erklärt, dass laut Koran und dem Verhalten des Propheten Muhammad (Friede und Segen seien mit ihm) die Unterdrückung der Frau nicht gerechtfertigt ist. Dass es keinen Zwang im islamischen Glauben gibt.
Und dass man zudem an ihren Verstand und ihr Mitgefühl appelliert,
sie dazu bringt, sich in eine Frau hinein fühlen zu können und Empathie zu entwickeln. Sie Unterdrückung so selbst spüren zu lassen, indem man sie fragt. "Was wäre gewesen, wenn du zu Hause bleiben musstest, während deine Schwester nachts lang draußen bleiben durfte? Wenn du gezwungen worden wärst, etwas anzuziehen, was du nicht wolltest und nicht verstanden hast?"
Solche Unternehmungen gibt es bereits!
Aber wir brauchen noch mehr davon, und wir brauchen vor allem muslimische Männer, die ihren Brüdern den rechten Umgang mit Frauen erklären und vorleben. Denn ein Patriarch hört nicht auf Frauen...deshalb ist er ja einer.
Und noch weniger hört ein auf eine Frau ohne Kopftuch...
As-salamu alaikum wr wb
AntwortenLöschenInshallah schaffst du es, im Beruf mit Kopftuch akzeptiert zu werden. Bei mir ist das leider nicht der Fall, in meinem Job ist es nicht erlaubt. Ich trage es in meiner Freizeit, bin nicht gerade glücklich mit dieser Lösung, aber denke mir, besser als gar nicht.
An alle Kritiker hier: Meint ihr nicht, dass Kopftuchverbot genauso Unterdrückung ist wie Kopftuchzwang?
GOTTES RACHE AND DEN MOHAMMEDANERN WIRD GRAUSAM SEIN !
AntwortenLöschender letzte poster ist entweder arrogant, psychotisch oder heilig. ich würde mir niemals rausnehmen, so zu tun als ob ich wüsste, was gott hasst. man kann glauben, es zu ahnen,aber wissen? unwahrscheinlich.
AntwortenLöschenDanke für deinen Blog, Schwester. Deinen Beitrag zu diesem Thema kann ich unterschreiben! Und den Ausdruck "mein Deutschsein sieht man mir weniger an" finde ich schön formuliert...
AntwortenLöschenWa salam, Lydia
Mir kommen wiklich die Tränen, wenn ich mitkriege wie Menschen wegen eines Kleidungsstückes und/oder ihrer Religion eine Art Spießrutenlauf aushalten müssen. Das passt nicht zu den Idealen, die Deutschland angeblich hat (Freiheit des Individuums). Ja Toleranz brauchen wir, und ich sehe so wenig davon.
AntwortenLöschenIch gratuliere dir zu deinem Mut und zu der Aufgabe, die du dir gestellt hast! (Dialog eröffnen, Toleranz fördern, Brücken bauen.)
Ich bin übrigens eine nicht religiöse Deutsche.